Stets kritisch

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Montag, 30. September 2013

Veggie-Day – Realpolitik erklimmt neue Höhen



Veggie-Day – Realpolitik erklimmt neue Höhen - Von Philipp Heine

In unserer politisch korrekten Oase Deutschland erscheint ein neuer Stern der Vernunft am Firmament: Der Veggie-day. Angesichts der Heerscharen von Mitbürgern, die für ihr Gewicht zwei Meter zu klein geraten sind, scheint der Vorschlag, all jene, die auf die kulinarischen Genüsse des Kantinenessen täglich angewiesen sind, an einem Wochentag per Dekret auf vegetarische Schonkost zu setzen, einleuchtend. Auch das Argument, dass Fleischverzehr – wie eigentliche alle Äußerungsformen der modernen Gesellschaft und des Wohlstands – klimaschädlich sei, lässt den nach Ängsten süchtigen Deutschen wenigstens kurzfristig nicken.
 
Nun ist es aber so, dass verschiedene Erfahrungen in meinem Leben, die ich im Umgang mit der vegetarischen Küche und ihren oft streitbaren Vorkämpfern gemacht habe, gewisse Alarmglocken erklingen lassen und mich zu einem kritischen Innehalten zwingen.
Ich möchte diese Erfahrungen kurz skizzieren:
 
Fast jede gemeinsame Mahlzeit mit Vegetariern und erst recht mit jenen modernen Märtyrern, die sich Veganer nennen, führte zu einer deutlichen Verschlechterung des Genusses und des Wohlbefindens. Nahm ich Fleisch zu mir, fühlte ich mich – meist zu Recht – einem zeigefingerwedelnden Blick ausgesetzt, dessen einziger Zweck die Erzeugung von schlechtem Gewissen war. In vielen Fällen blieb auch eine Belehrung nicht aus, die entweder pädagogisch wohlwollend oder offen feindselig ausfallen konnte. Unter diesen Bedingungen büßt selbst das beste Filetsteak einen Großteil seiner normalerweise herrlichen Wirkung ein. Entschied ich mich hingegen, der vegetarischen Küche eine Chance zu geben, so sah ich mich regelmäßig mit Variationen von Tofu, Bratlingen, Germknödeln, Aufläufen oder den Beilagen eines normalen Hauptgerichts, dem der Höhepunkt abhandengekommen war, konfrontiert. Wäre ich eine Frau, hätte ich freudig in die Hände geklatscht und gerufen: „Oh schön, es ist nicht zu mächtig!“. Ich bin aber keine. Entsprechend wird es kaum überraschen, dass eine Mehrheit dieser Versuche mit der Gewissheit endete, dass das Schnitzel mit Pommes sogar dann besser gewesen wäre, wenn ein Veganer beim Verzehr zugeschaut hätte.
 
Wenn ich mich also empathisch in die Kantinenkunden hineinversetze und mir vorstelle, den Rest meines Arbeitslebens damit zuzubringen, einmal pro Woche eine gesetzlich verordnete Enttäuschung zu erleben, dann beginnt die Genialität der Idee „Veggie-Day“ in meinem Kopf zu bröckeln.
Derart emotional aufgewühlt drängt sich mir die Frage auf, wie eine solche Idee entstehen konnte.
 
Urheberin des Projekts sind – wie könnte es auch anders sein – die Grünen. Bei den Grünen handelt es sich um eine Wellness-Partei, die es besonders Studenten, Lehrern und Jüngern der 68er-Bewegung ermöglicht, sich stets im Recht zu fühlen, indem sie alles, was schädlich, ungesund und politisch inkorrekt erscheint kategorisch ablehnt. Zu diesen Dingen zählen etwa Infrastruktur, Verkehr, Verteidigung und moderne Technologien. Grundsätzlich zweifelhafte Dinge abzulehnen ohne tragfähige und finanzierbare Alternativen anzubieten, macht die Grünen moralisch nahezu unangreifbar. Die einzige Alternative, die die Grünen seit jeher anzubieten hatten, waren die alternativen Energien, die nun aber leider zum Allgemeingut geworden sind. Damit die konzeptionelle Planlosigkeit der Partei nun vor der Bundestagswahl nicht zu einer Entzauberung führen könnte, brauchte es etwas Beherztes und Handfestes: Den Veggie-Day.
 
Warum mache ich mir nun die Mühe, dieses politische Kleinod zu kommentieren?
 
Die Antwort wirft ein düsteres Licht auf meine Person: Ich bin bekennender Fleischesser, Raucher und Autofahrer.
Seit der Nazi-Zeit haben die (meisten) Deutschen zu Recht gelernt, dass es verwerflich ist, einen Menschen aufgrund seines Geschlechts, seiner Religion oder ethnischen Herkunft zu diskriminieren. Es ist anzuerkennen, dass die Grünen stets eine politische Speerspitze dieses Lernprozesses gewesen sind. Tragischer Weise hat das Trauma des Dritten Reichs auch zu Scheuklappen geführt, die Diskriminierung ausschließlich mit den genannten Unterscheidungsmerkmalen in Verbindung bringt. Die Diskriminierung  und Ausgrenzung von Fleischessern, Rauchern und Autofahrern ist politisch völlig korrekt. Ironischerweise tun sich die sonst so integrativen Grünen hier als Hauptakteure hervor. Rauchen, Fleischessen oder Autofahren ist nur dann tragbar, wenn eine Behinderung, ein Migrationshintergrund oder eine religiöse Einstellung als Begründung herhalten könnte. Leider trifft nichts davon auf mich zu.
 
Ich finde es mehr als Bedenklich, dass in der Politik Deutschlands und Europas eine Tendenz spürbar wird, die zu einer ängstlichen und wohlmeinenden Bemutterung der Bürger führt. Wie ein kleines unmündiges Kind will uns die Übermama Regierung per Gesetz dazu zwingen, stets vernünftig und gesund zu leben. Alles was man tut, wird daraufhin analysiert, ob dabei kleine Kinder zu Schaden kommen könnten. Leider wird darüber vergessen Kita-Plätze zu finanzieren und ein einheitliches Schulsystem einzuführen.
Es zeichnet sich also ab, dass in kleinen und kaum merklichen Schritten die Freiheit und Mündigkeit der Bürger eingeschränkt werden. Ich könnte mit weniger Freiheit zum Wohle aller gut leben, wenn es sich nicht dummerweise bei den verbotenen Dingen genau um die handelte, die das Leben lebenswert machen. Ich bin überzeugt, dass auch Vernunft in Maßen genossen werden sollte.
Ich bin übrigens sicher, dass am Veggie-Day wie aus dem Nichts plötzlich Imbiss-Wagen vor allen Kantinen erscheinen und den Umsatz von Fleisch aus der Massentierhaltung in die Höhe treiben werden. 
 
Ich wünsche Ihnen allen einen guten Appetit!

Philipp Heine

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