Familienfreundlich ins
Krisengebiet? Arabischer Frühling ist nicht im Sauerland!
- von Captain Slow
Unsere neue
Verteidigungsministerin fliegt also nach Afrika und lotet neue
Einsatzgebiete für die Bundeswehr aus. Die Truppe, die schon unter
Franz Josef Strauß als bedingt abwehrbereit galt und heute nur noch
ein Auffangbecken für Sozialversager ist.
Zunächst sollte die
Armee nur familienfreundlicher werden. Elternzeit in Afghanistan? Die
Idee war wohl noch nicht wirklich zu Ende gedacht. Sei es drum. Frau
von der Leyen war da noch ganz frisch im neuen Amt und hatte wohl
noch das alte Ressort im Kopf. Ältere Menschen stellen sich eben
nicht so schnell auf neue Situationen ein. Es sei ihr nachgesehen.
Aber warum soll die
Bundeswehr denn bitte neue Einsatzgebiete erschließen? Wir erfahren
doch jedes Jahr wieder von dem Wehrbeauftragten, wie katastrophal es
um die Ausrüstung der Armee steht. Neue Anschaffungen gehen stets in
die Hose. Ketzerisch gefragt: Wie sollen die Herren und neuerdings
auch Damen der Truppe denn überhaupt nach Afrika kommen? Mit einer
Transall von 1967? Ich schlage Ryanair vor. Die haben Erfahrung mit
haarigen Landungen unter Extrembedingungen.
Wenn da finanziell nichts
zu holen ist und die Bundeswehr das auch eigentlich nicht hinkriegen
kann, warum ist unserer Regierung dann neuerdings so daran gelegen,
auf den Schlachtfeldern der Welt mitzumischen? Die Antwort ist
einfach: Wir sind wieder wer. 1954 reichte dafür noch ein
Weltmeistertitel. Aber jetzt geht es um die große Nummer. Vorbei die
Zeiten, als der jeweilige Bush pfiff und nur der englische Pudel
„Sitz“ und „Fass“ machte. Nebst ein bis zwei baltischen
Staaten, die sich einschleimen wollten, aber gar keine Armeen hatten,
weil der Ivan ihnen das Kriegspielen im Kalten Krieg verboten hatte.
Danach kam der Arabische Frühling und die Franzosen engagierten sich
militärisch. Das nagt an der deutschen Seele. Ausgerechnet die
Franzosen, die doch jeden Krieg verlieren, sich hinterher aber als
Sieger feiern. Kann doch nicht sein. Und Libyen war natürlich die
Krönung. Da griffen – festhalten – die Italiener ein, weil der
lüsterne Monarch vom Tiber dort Bankeninteressen sah. Italiener in
Nordafrika? Da war doch mal was. Und das ohne uns? Jetzt ist es
vorbei! Jeder weiß, dass ein italienischer Panzer nur einen
Vorwärtsgang, aber vier Rückwärtsgänge hat. Die düsen rückwärts
durch die Wüste und Westerwelle wünscht von ferne gutes Gelingen?
Wie würde Gerhard Schröder sagen: Da machen wir was!
Aber jetzt kommt
natürlich die deutsche Krux: Es muss immer alles gerecht zugehen,
mit der UNO abgestimmt sein und man darf niemals aus anderen als
altruistischen Gründen handeln. Deshalb muss bei jedem Staatsbesuch
eines deutschen Regierungschefs bei Putin streng hinterfragt werden,
ob dort auch die Einhaltung der Menschenrechte ausreichend angemahnt
worden ist. Ich wette, dass Putin das immer sehr niedlich findet. Und
natürlich China. Ganz besonders dort muss Frau Merkel die deutschen
Standpunkte betreffend Menschenrechte und Meinungsfreiheit
einfordern. Macht das so, wie wir es für richtig halten, sonst...
tja. Was sonst? Sonst verkaufen wir Euch nicht mehr die Maschinen und
Premiumautos, auf denen unser Wohlstand aufgebaut ist? Na klar. Weil
wir ja dämlich sind. Sind wir nicht! Und das wissen die Chinesen
auch. Was für ein Unsinn wird da eigentlich von unserer
linksintellektuellen Elite verlangt, die 1968 schon die Welt
verstanden hat und deshalb seit 45 Jahren nicht mehr nachzudenken
braucht?
Wo sollen wir also
eingreifen und wo nicht? In Syrien offenbar nicht. Da hat Herr Putin
was gegen. Also Finger weg. Libyen wäre gegangen. Afghanistan? Da
sind wir ja schon. Läuft super. Blühende Landschaften. Hätten wir
mit in den Irak einmarschieren sollen? Also ein brillanter Sieg der
Freiheit sieht anders aus als Bagdad 2014.
Wie kommen wir eigentlich
auf die Idee, dass wir anderen Kulturen unsere Lebensweise beibringen
müssen? Über die syrische Opposition regt man sich jetzt auf, weil
da islamische Fundamentalisten auf Seiten der Opposition mitkämpfen.
In Ägypten hat zwischenzeitig die Muslimbruderschaft das Regime
übernommen, bis ausgerechnet das Militär wieder an die Macht kam.
Ja und? Was sonst würde denn dort passieren? Das alte System wird
gestürzt, es bilden sich öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten,
Presse- und Meinungsfreiheit manifestieren sich in einer modernen
Verfassung? Eine Demokratie nach westlichem Vorbild wird installiert
und behauptet sich? Ein Wirtschaftswunder, das seinesgleichen sucht,
überschwemmt das Land mit Wohlstand? Das hat einmal in
Westdeutschland funktioniert und wir sollten dafür ewig dankbar
sein. Es passiert aber nicht in Nordafrika, nicht im Nahen Osten und
auch sonst nirgends.
Mein Vorschlag für die
Krisengebiete dieser Welt: Raushalten. Die Grande Nation, die an sich
immer sehr stolz auf ihre Armee ist, zieht nach neuesten
Meinungsumfragen die Einsätze in Zentralafrika stark in Zweifel. Die
Mehrheit der Franzosen ist demnach der Ansicht, es sei Sache der
Afrikaner, die Probleme zu lösen. Der Verteidigungsminister der USA,
Chuck Hagel, hat gerade erklärt, dass Amerika sich seine
Streitkräfte nicht mehr leisten kann. Sie werden verkleinert, die
USA ziehen Truppen aus den Krisengebieten ab und werden sich
zukünftig nicht mehr als Weltpolizist betätigen.
Selbst die Amerikaner
haben also endlich kapiert, was Sache ist. Aber Frau von der Leyen
sucht neue Betätigungsfelder für die Bundeswehr. Man könnte
verrückt werden.
Captain Slow